FELIX RUCKERT
Nach einer langen Karriere als international anerkannter Tänzer und Choreograph erweiterte Felix Ruckert seine Fähigkeiten, als er 1999, auf einer Tournee in Japan, Shibari oder Kinbaku - japanische Seilfesselung - entdeckte. Anfangs als Autodidakt, der nur von Fotos in japanischen Rope Bondage Magazinen abkupferte, hatte er bald die Chance, bei Hagen in Berlin, Matthias T.J. Grimme, Midori, Shadow und Osada Steve zu lernen, die zwischen 2002 und 2006 seine ersten Lehrer*innen wurden.
Als er 2007 den Veranstaltungsort schwelle7 eröffnete, wurde sie schnell zu einem wichtigen Knotenpunkt für die internationale Shibari-Community. Neun Jahre lang lud Felix regelmäßig Meister aus Japan auf die schwelle7 ein und hatte so die Möglichkeit, sein Wissen zu erweitern und bei einigen der einflussreichsten japanischen Meister zu lernen: Arisue Go, Nawashi Kanna, Hajime Kinoko, Akira Naka, Otonaya Otonawa und Ren Yagami unter anderem. Durch das umfangreiche und sehr populäre Shibari- Programm der schwelle7 trug Felix Ruckert maßgeblich zur Popularisierung der Praxis in Berlin und ganz Europa bei. Die Location und der Stil der schwelle7 wurden zum Vorbild für viele Seilbondage-Dojos auf dem ganzen Kontinent. Vom Tanz und Theater kommend, kreierte Felix Ruckert auch Dutzende von Rope Bondage Performances und arbeitete mit Künstler*innen wie Dasniya Sommer, Caritia, Gorgone, Nicolas Yoroi, Anna Noctuelle, Pilar LaOtra, Tifereth, Sophia Rose, Saara Rei und vielen anderen mehr. Er schuf auch mehrere Performances im Theaterkontext, die Elemente des japanischen Rope Bondage integrierten: STILLEN (2000), DIE FARM (2006), DRYADE - A DARK FAIRY (2011) und ZERO GRAVITY ZONE (2012).
Derzeit kuratiert und organisiert Felix Ruckert zweimal im Jahr die EURIX - The European Rigger&Model Exchange in Berlin, das beliebteste internationale Treffen für Seilkünstler, die sich mit der Entwicklung von Kinbaku als Kunstform beschäftigen. Für die EURIX hat Felix die Guidelines for Rope Bondage Presenters sowie die EURIX Guidelines for Negotiation and Establishing Consent geschrieben. Bei EURIX präsentiert er regelmäßig kurze Rope-Bondage-Performances unter Anwendung von drei konzeptionellen Regeln: Verwendung innovativer Technik, Definition von Erzählung und Subtext und Anwendung von Werkzeugen der unmittelbaren Komposition.
Felix' private und öffentliche Fesselungen sind unkonventionell und folgen keinem bestimmten Stil. Er schöpft aus einer großen Vielfalt von Techniken und Schulen, seine Fesselungen passen sich jeder/em Partner*in und jeder Situation an, er komponiert mit Körper, Seil, Zeit und Raum, oft auf unvorhersehbare Weise.
Auf der technischen Seite versucht er, neue Muster und Bindungen zu erfinden und ist besonders an kreativen und schnellen Aufhängungen interessiert, wobei er oft ein Minimum an Seil verwendet, sowohl am Bambus als auch am Ring. Er mag auch Floor Work und integriert dabei gerne auch andere Formen sinnlicher Praktiken, vor allem Impakt spiele und Messer, bis hin zu Atemkontrolle und Mindfuck.
Auf der Bühne versucht er, starke theatralische Erfahrungen zu schaffen, Bedeutung zu erzeugen, Reaktionen und Gedanken zu provozieren. Er reflektiert und untersucht auch gerne gesellschaftliche und politische Auswirkungen, die die Seil-Bondage-Praktik haben könnte. Er sieht die Praxis als ein Modell für eine für beide Seiten vorteilhafte, sehr menschliche Zusammenarbeit, als eine Übung in Konsens, als eine Möglichkeit, Machtverhältnisse neu zu interpretieren und um Geschlechterstereotypen zu dekonstruieren.